Glücklich leben mit einer Handvoll Leben
– denn jeden kann es treffen!

Unter diesem Motto treffen sich seit März 2000 betroffene Familien aus dem Westerwald zum Austausch und zur gegenseitigen Unterstützung.

Jedes Jahr werden in Deutschland ca. 60 000 Kinder zu früh geboren. Alle Kinder, die vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche geboren werden, sind Frühgeborene. Vor dem Ende der 28. Schwangerschaftswoche oder mit einem Geburtsgewicht unter 1000 Gramm Geborene nennt man „extreme Frühchen“. Jährlich kommen hierzulande ca. 8000 Neugeborene als solche „extrem frühgeborenen Kinder“ zur Welt, Tendenz steigend.

Die Ursachen einer Frühgeburt sind vielfältig. „Schwangerschaftsvergiftung“(EPH-Gestose), Infektionen oder eine Mangelversorgung des Kindes zum Beispiel können der Auslöser sein. Auch bei bester medizinischer Betreuung können Frühgeburten dann nicht verhindert werden. Es ist wichtig zu wissen: Jeden kann es treffen!

Leben und Gesundheit der extremen Frühchen sind lange Zeit sehr stark bedroht. Meistens ist die Lunge noch nicht reif genug, um ihre Tätigkeit auszuüben, so dass eine oft langwierige maschinelle Beatmung notwendig wird, die ihrerseits wieder Schädigungen (z. B. des Gehirns oder der Augen) bis hin zu lebensbedrohenden Komplikationen hervorrufen kann. Infektionen haben bei den Frühchen ein „leichtes Spiel“, da das Immunsystem noch nicht stark genug ist. Die Antibiotika, die sie zur Unterstützung erhalten, sind jedoch ebenfalls nicht ohne eventuell schädigende Nebenwirkungen. Trotz der denkbar ungünstigsten Startbedingungen, die diese Kinder haben, entwickeln sich zahlreiche Frühgeborene erstaunlicherweise (nahezu) normal.

 „Wird unser Kind überleben?“ und „Wie wird es sich entwickeln?“ sind die bangen Fragen, die die meisten betroffenen Eltern von Anfang an begleiten. Durch das Schockerlebnis, plötzlich Eltern eines stark gefährdeten Frühchens geworden zu sein, fühlen sie sich in der Regel bald am Ende ihrer Kraft angelangt, hilflos und sprachlos.

Diese Erfahrungen kann man Außenstehenden meist gar nicht in ihrer ganzen Dimension mitteilen. Über begründete Sorgen und Ängste, die die zukünftige Entwicklung der Kinder betreffen, wird man von Freunden, Verwandten und Bekannten oft vorschnell hinweggetröstet. Auch die Trauer um die „missglückte“ Schwangerschaft und um den zerplatzten Traum von der unbeschwert glücklichen Babyzeit findet kaum Verständnis. Hier bieten wir als Betroffene uns als Gesprächspartner an.

Sind die Kinder dann aus der Klinik entlassen worden, was bei „guter“ Entwicklung etwa um den errechneten Geburtstermin geschieht, sind die Eltern nach monatelanger intensivmedizinischer Betreuung plötzlich allein für das Wohl des Kindes verantwortlich. Viele Frühgeborene brauchen weiterhin Krankengymnastik, die ein oder mehrmals pro Woche von einem Physiotherapeuten durchgeführt werden muss. Zusätzlich müssen die Eltern oft mehrmals täglich zuhause mit dem Kind turnen. Regelmäßige Kontrollen beim Augenarzt, Kinderarzt, evtl. Orthopäden sowie Frühfördertermine usw. sind an der Tagesordnung. Später kommen häufig noch Termine bei Ergotherapeuten und Logopäden hinzu. Außerdem müssen die meisten Kinder während des ersten Lebensjahres von einem Herz-Atem-Monitor überwacht werden, d. h. die Eltern müssen zwischenzeitlich Wiederbelebungsmaßnahmen erlernt haben, um sie im Notfall anwenden zu können.

Nicht selten treten auch Ess- und Gedeihstörungen auf. Oft fehlt eine psychosoziale Nachbetreuung, d.h. die Eltern müssen hartnäckige, Kräfte zehrende Eigeninitiative aufbringen, um heraus zu finden, welche weitere Förderung ihr Kind benötigt (und wo man sie bekommen kann), um eine eventuelle Entwicklungsverzögerung oder drohende Behinderung so klein wie möglich zu halten.

Außenstehende können häufig nicht ermessen, was es heißt, mit einem Kind zu leben, dessen Start ins Leben so unendlich schwierig war.

„Diese Kinder haben mit aller Kraft um ihr Leben gekämpft. Sie haben Dinge mühsam erlernen müssen, die für Reifgeborene selbstverständlich sind, wie zum Beispiel das Atmen.  Mit aller Wahrscheinlichkeit haben sie schon den größten Kampf ihres Lebens bestanden, einen Kampf, den viele Menschen in 80 Lebensjahren nicht führen müssen.
Ein solches Kind zu akzeptieren, es zu unterstützen und zu fördern, ohne es zu überfordern, bleibt für die Eltern eine ständige Herausforderung.“

(Maike Graf-Raich, Frühchen-Mutter und Mitbegründerin der Elterngruppe)

Leider kommt erschwerend hinzu, dass dieses Thema in unserer heutigen Leistungsgesellschaft, in der Prestigedenken eine große Rolle spielt, häufig tabu ist und verschwiegen wird. Die zehrenden Jahre, die die Betroffenen häufig durchlebt haben, werden nicht berücksichtigt, sondern einfach ignoriert.

Über alle „Fragen des Frühchen-Alltags“, die über Jahre hinweg aktuell sind, und auch über die damit verbundenen seelischen Belastungen tauschen wir uns in der Elterngruppe aus.

Entstanden am 30.03.2000 als ausgesprochener „Frühchentreff“ ist es uns jedoch wichtig, auch offen für Eltern von Kindern mit Entwicklungsstörungen oder Behinderungen anderen Ursprungs zu sein, da die therapeutischen Maßnahmen bei den Kindern und die psychische Belastung der Eltern in den ersten Jahren vergleichbar sind.

Ein Anliegen ist es uns außerdem, mehr Informationen über das Thema „Frühgeborene und ihre Entwicklung“ in die Öffentlichkeit zu tragen, da wir immer wieder erleben, dass Nachbarn, Freunde, Bekannte und Verwandte aus Unkenntnis verletzend reagieren. Auch unter Erziehern und Erzieherinnen, Lehrern und Lehrerinnen, ja sogar unter den niedergelassenen (Kinder-) Ärzten und Ärztinnen ist der Informationsbedarf bzgl. der Probleme und Bedürfnisse von Frühgeborenen und deren Familien erschreckend hoch.

Mit unserer Elterngruppe schließen wir die räumliche Lücke zwischen den Frühchengruppen in Bonn und Gießen, über deren Aktivitäten wir uns immer zu informieren versuchen, um eventuell dort an besonderen Veranstaltungen teilzunehmen.

Ansprechpartnerinnen innerhalb der Elterninitiative sind:

Maike Graf-Raich, Karin Jäkel, Anja Hans
E-Mail: info@kleinerfels.de

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